23. April 2023

Göth sei Dank – die Serie hält! (Gastbeitrag)

Kurz bevor ich mich gedanklich auf den Weg nach Frankfurt an der Oder machte, drehte ich die Uhr nochmal zurück.

Es muss knapp 40 Jahre her sein, wo ich das letzte Mal im Stadion der Freundschaft war.
Als Fußballfan aus dem Osten Deutschlands war es normal, dass jeder mindestens 2 Vereine in sein Herz schloss, einen aus der BRD und einen aus der DDR. Bei mir war es neben BW 90 ein Verein mit identischen Farben, wo die Fans singen „Wir sind die größten der Welt“.

Die Fahrt damals wurde spontan an einem Samstagabend in der Dorfdisco fest gemacht. Dort trafen wir bei dem einen oder anderen 50 Pfennig Bier Gleichgesinnte. Das war zur damaligen Zeit nicht immer einfach, im Dunstkreis von Berlin, Magdeburger Sympathisanten zu treffen.

Wenige Wochen später ging die Reise los. Wir trafen uns am Bahnhof Kummersdorf und stiegen in die Ferkeltaxe ein. Dort wurde gleich das Ende des Wagens im Beschlag genommen und mit allen mitgebrachten Utensilien geschmückt. Die etwa 1,5h Fahrt nach Frankfurt verlief ohne Feindberührung, allerdings mit einigen Nachschubproblemen. Bei einem planmäßigen Halt war die dortige Mitropa geschlossen, sodass einer unserer Weggefährten etwas die Fassung verlor und uns das auch spüren ließ.

Es sollte die letzte Fahrt mit den neuen Freunden sein.

In Frankfurt war die damalige Broilerbar für jeden Besucher ein Muss. Nachdem wir das Ungetüm von Broiler vertilgt hatten, pilgerten wir gut gelaunt Richtung Stadion der Freundschaft. Dort fanden sich ca. 2.000 bis 2.500 FCM-Fans ein und machten ordentlich Krawall. Das Spiel ging erst wenige Minuten und schon wurde der Heimblock gestürmt. Wer dachte so ein Blocksturm ist ein Ereignis der Neuzeit, dem kann ich diese Sätze entgegenhalten.

Bis auf eine Zaunfahne blieb vom Heimblock nichts übrig.

Damals wie auch heute wirkt Frankfurt nicht unbedingt anziehend auf Besucher. Die geteilte Stadt hat sicher auch schöne Ecken, aber die fallen nicht gleich ins Auge.

Die Stadionlandschaft kann sich aber sehen lassen. Im Ostteil auf polnischer Seite, befindet sich das Ostmarkstadion bzw. Stadion an der Kleisthöhe. Auf der westlichen Seite, nur getrennt von der Oder und deren Ausläufern, steht das Stadion der Freundschaft. Dieses wurde in den letzten Jahren saniert, speziell die Haupttribüne, mit integriertem Sozialtrakt.

Die äußeren Bedingungen waren am Sonntag nahezu perfekt. Bei frühlingshaften Temperaturen reiste der BW-Mob voller Vorfreude mit Zug und Auto an. Ein großes Hallo vorm Spiel am Eingang sollte der Auftakt zum Spiel werden. Dem einen oder anderen BW-Fan, sah man die lange Anfahrt deutlich an, oder war es doch die gute Versorgung auf der polnischen Seite? Egal, diese östlichen Krawallbrausen können es echt in sich haben. Die Gastgeber zeigten aber ein gewisses Verständnis, wissen sie doch nur allzu gut, was der Inhalt dieser Dosen anrichten kann.

Zum Spiel:
Mit derselben Aufstellung wie beim letzten Spiel ging BW ins Rennen.
Wie schon in den Spielen zuvor, ging BW gleich in die Offensive. Schon nach 5 Minuten wurden wir belohnt. Nach einer Ecke konnte Gustavus, ähnlich wie vor einer Woche, mit viel Wucht und Genauigkeit das 1-0 per Kopf erzielen.

Das gab unserer Truppe weiteren Aufwind. Mehrmals konnten wir uns bis zur Grundline durchkombinieren und somit weitere Chancen kreieren. Leider kam der letzte Pass oft nicht präzise genug zum Mitspieler, sodass die Führung nicht weiter ausgebaut wurde.

Völlig aus dem nichts kam die Rote Karte für Bobby. Auf Höhe der Mittellinie führte er den Ball und kam bei einem Zweikampf zum Fall. Alle dachten Freistoß für BW, aber nein, der Unparteiische zog die erwähnte Karte.

Die aus BW-Sicht unberechtigte Karte verlieh den übrigen Spielern zusätzlich Kraft. Keine 7 Minuten später, quasi mit dem Halbzeitpfiff, erzielte Tamino Marker das 2-0. Dies wiederum brachte den reisefreudigen Marker-Clan in große Wallung.

In der zweiten Hälfte wurde konsequent das 4-4-1 durchgezogen und bei Ballverlust wurde synchron auf schnellstem Weg der Rückwärtsgang eingelegt. Somit blieben die Räume eng und Frankfurt tat sich sichtlich schwer, Chancen zu kreieren. Die Wenigen die es gab, wurden von der Mannschaft gemeinschaftlich geblockt bzw. wurden vom Torhüter entschärft.

Die letzten Minuten wurden mit BW-Gesängen gefeiert und als der Schlusspfiff ertönte, war es amtlich: die Serie hat gehalten.

Beim abschließenden Freudentaumel wurde noch etwas Farbe ins Spiel gebracht, das zuvor im Land der preiswerten Dienstleistungen erworben wurde.

Für einige Fans war es leider auch eine sehr wehmütige Fahrt, mit dem Wissen, dass die nächsten Jahre
anders werden. Ich für meinen Teil würde mich sehr freuen, wenn die alte Garde auch zukünftige Spiele von BW besucht. Auch würde ich mich freuen, wenn von der jetzigen Mannschaft ein Teil mit uns in die Berlin-Liga geht, nach dem Motto „In Guten, wie in schlechten Zeiten“, wobei wir es alle zum Teil in der Hand haben, ob es nicht doch eine schöne Zeit wird.

BW 90 spielte mit: Weber, Gustavus, Kohls, El-Meguid, Lux, Hartwig, Wiebach, Gartmann, Marker, Okezie und Engel.
Einwechselspieler: Nesta, Struck, Cygankov und Sanar.

In diesem Sinne bis demnächst und im besten Fall bis Samstag.
(Gastbeitrag: Fan-Initiative BW90)